Skizze einen Baumes mit Gießkanne in Sommerfarben

Im Moment enden meine Tage am Wasserhahn. Bevor ich irgendwann gegen Mitternacht ins langsam erträglich scheinende Bett falle, gieße ich meine kleine Kirsche (Prunus) und den Rest der Pflanzenmenagerie. Im letzten Jahr (2018) ging die #GießChallenge durch die Medien und auch jetzt wird wieder davon geredet, dass die Straßenbäume Wasser brauchen.

Also, lass uns übers Gießen sprechen.

Wann sollte man Bäume gießen?

Gut eingewachsene Bäume können sich fast immer selbst versorgen. Sie haben ein großes Wurzelsystem, das tief in den Boden hineinreicht und noch feuchte Bodenschichten erreicht. Als Daumenregel gilt: Der Wurzelbereich eines Baumes dehnt sich genauso weit wie die Krone.

Frisch gepflanzte Bäume haben dieses Wurzelsystem aber noch nicht. Ihr Pflanzballen ist deutlich kleiner als die Krone. Aus ihm heraus wird sich in den nächsten Jahren das Wurzelsystem entwickeln. Deshalb brauchen frischgepflanzte Bäume in den ersten drei, vier Jahren wetterunabhängig regelmäßige Wässergänge, und bei den aktuellen Witterungsverhältnissen noch dringender.

Grundsätzlich sollte man Bäume immer dann gießen, wenn sich ihre Blätter zusammenrollen.

Über die Blätter verdunsten die Bäume Wasser, das Einrollen verringert diesen Effekt, ist also ein Zeichnen von Wassermangel. Solange die Blätter noch gut aussehen, muss nicht gewässert werden.

Wann sollte man Gießen, die zweite

Die beste Zeit zum Gießen ist mitten in der Nacht, so zwischen drei und vier Uhr morgens. Aber du musst nicht zur Eule mutieren, um deinen Garten zu retten. Du brauchst auch kein Bewässerungssystem. Warum ist der Wässergang mitten in der Nacht am effektivsten?

  1. Es ist dunkel. Das ist ein großer Vorteil, denn Wassertropfen auf Blättern oder Stämmen wirken wie Lupen, oder eben Brenngläser. Wenn Sonnenlicht auf diese Tropfen fällt, heizt sich das Blatt an diesem Punkt extrem auf und kann Schaden nehmen bis zum Verbrennen. Deshalb nicht in der prallen Sonne gießen, und deshalb ist umgekehrt Gießen in der Dunkelheit die beste Lösung. Das gilt aber nur bei den aktuellen sehr hohen Temperaturen. Bleibt das Wasser die Nacht hindurch auf den Blättern stehen, ohne zu verdunsten, kann das zu Pilzerkrankungen führen. Dann lieber am Abend gießen, wenn die Sonne nicht mehr brennt, aber noch warm ist.
  2. Der Boden ist zu diesem Zeitpunkt am weitesten abgekühlt. Wir wollen, dass möglichst viel Wasser die Wurzeln der Pflanzen erreicht. Deshalb ist es wichtig, dass möglichst wenig Wasser verdunstet, bevor es überhaupt bis zu den Wurzeln vordringen kann. 

Deshalb sind ein möglichst kühler Boden und möglichst kühle Lufttemperaturen wichtig.

Deshalb am besten gießen, wenn Boden und Luft am meisten Zeit hatten, auszukühlen, also – mitten in der Nacht.

Jetzt gieße ich persönlich am späten Abend, kurz bevor ich ins Bett gehe. Das ist nicht ideal. Wenn ich es schon nicht schaffe, mal eben mitten in der Nacht aufzustehen, um meinen Schätzen etwas Gutes zu tun, sollte ich wenigstens am Morgen, direkt nach dem Aufstehen, gießen. Dann ist der Boden nämlich immer noch kühl. Aber das funktioniert für mich nicht. Ich komme morgens nicht früh genug aus dem Bett. Vor der Arbeit habe ich dann keine Zeit zum Gießen, und am Wochenende wache ich erst auf, wenn die Sonne schon hoch am Himmel steht und der Boden aufgewärmt ist.

Für mich ist also der Wässergang um Mitternacht der beste Kompromiss. Der Boden und die Luft sind schon kühler geworden, die Sonne ist weg, ich habe Zeit und kann die Arbeit bewusst genießen. 

Entscheide selbst, wann dein idealer Schnittpunkt aus „gut für die Pflanzen“ und „Gut für dich“ ist.

Wie gießen?

Drei Punkte solltest du beachten:

  1. Oben habe ich schon mal kurz erwähnt, wie groß der Wurzelraum von Bäumen ist. Wenn du also deine alten, gut eingewachsenen Bäume wässern willst, achte darauf, den gesamten Wurzelraum zu gießen.
  2. Dein Wasser soll die Wurzeln auch tatsächlich erreichen, und nicht oberflächlich davon rauschen.
  3. Wasser, das einmal im Boden ist, soll von dort aus nur über die Pflanzen wieder verdunsten, nicht direkt aus dem Boden hinaus.
  4. Bei frischgepflanzten Bäumen willst du nicht nur erreichen, dass dein Baum überlebt. Du willst auch, dass er Wurzeln entwickelt, die ihn später selbst versorgen können. Deshalb ist es wichtig, dass du durchdringend nach unten wässerst. Wenn dein Baum lernt, dass es unten Wasser gibt, wird er Wurzeln nach unten schieben, um an dieses Wasser zu kommen. Wenn er aber lernt, dass es Wasser vor allem nah an der Oberfläche gibt, wird er dort die meisten Wurzeln bilden. Der Bereich, wo auch deine anderen Pflanzen wurzeln und der bei Hitze und Trockenheit am schnellsten austrocknet.

Was folgt daraus?

  1. Lass dir Zeit. Oder besser, lass dem Wasser Zeit. Möglichst viel Wasser möglichst schnell an den Baum pumpen sorgt dafür, dass es abläuft, ohne zu versickern. Oder so schnell durch die Spalten durch rauscht, dass dein Baum nicht hinterher kommt. Das Stichwort ist durchdringend wässern. Anstatt jeden Tag ein bisschen zu wässern, nimm dir Zeit, stell deinen Gartenschlauch auf weichen Strahl und Streuung, und genieße den Moment der Kühle in der Sommerhitze.
  2. Aus dem gleichen Grund ist es wichtig, darauf zu achten, wohin dein Wasser fließt. Wenn es nämlich nicht im Boden versickert, sondern unkontrolliert aus dem Wurzelraum abfließt, verschenkst du gerade Wasser, anstatt deinem Baum zu helfen.

Zu diesem Zweck haben sich gerade bei Neupflanzungen und im öffentlichen Raum Gießringe oder Bewässerungssäcke bewährt. Beide Systeme stauen das Wasser im Wurzelbereich des neugepflanzten Baumes und sorgen dafür, dass es über einen längeren Zeitraum langsam und in tiefe Bodenbereiche vordringen kann. So regen sie auch die Wurzelbildung in diese Richtung an.

Oberflächennahe automatische Bewässerungssysteme sind aus den gleichen Gründen nicht immer eine gute Idee. Sie geben häufig kleine Wassermengen kontinuierlich ab und durchfeuchten damit vor allem die oberen Bodenregionen.

Bei alten, großen Bäumen wässerst du den gesamten Wurzelbereich, also den gesamten Bereich, der von der Krone überdeckt wird, plus ein bisschen weiter, und zwar genauso durchdringend wie bei seinen jüngeren Geschwistern. Aber, das ist die gute Nachricht, große Bäume brauchen nur sehr selten Wasser. Meistens können Sie sich selbst versorgen. Und selbst wenn sie in der Hitze Schaden nehmen (in 2018 einen Baum ohne Wipfeldürre zu finden war schon eine Herausforderung), ist das meistens nicht lebensbedrohlich.

Skizze coloriert, großer Baum mit Markierungen Kronenrand und Gießbereich
Die Krone markiert auch den wahrscheinlichen Wurzelbereich

Wie beim Menschen gilt: Am meisten leiden die Jüngsten, die Ältesten und die ohnehin schon Geschwächten unter der Hitze. Die brauchen deine Hilfe.

Unterschätze nicht, wieviel Wasser ein Baum braucht. 2018 ging die #Gießchallenge durch die Medien. Jeder Nominierte sollte einen Eimer Wasser an einen Baum im Öffentlichen Raum schütten. Viele Menschen haben mitgemacht und ich mag die Menschheit dafür. Gute Menschen. Weitermachen. Ein Eimer Wasser ist für einen leidenden Straßenbaum aber nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Eine nette Geste. Ein Straßenbaum braucht pro Wässergang ungefähr dreihundert Liter. Ein durchschnittlicher Eimer fasst zehn Liter.

Das wären dreißig Eimer pro Baum.

Es hilft außerdem, wenn das Wasser im Boden möglichst lang im Boden bleibt. Das ist einer der Gründe, warum meine Großmutter ihr Leben lang mit viel Begeisterung die Hacke geschwungen hat. Nicht nur zur Unkrautbekämpfung, sondern auch, weil ein aufgelockerter Boden das Wasser langsamer Verdunsten lässt. Aus dem gleichen Grund machen Mulchschichten Sinn.

Stauden richtig gießen

Für Stauden, Gräser und Kräuter gelten die gleichen Grundsätze, nur mit ein wenig gesunden Menschverstand angepasst.

Da ihre Wurzeln nicht so tief in den Boden vordringen, sondern ihr Wasser aus den höheren Bodenschichten ziehen, die als erstes austrocknen, müssen Stauden tendenziell häufiger gegossen werden als Bäume. Allerdings benötigen sie auch deutlich weniger Wasser (weil sie deutlich weniger Masse zu versorgen haben). Noch dazu hängt es stark von der Sorte ab, wieviel Wasser gebraucht wird. Minze (Mentha) wird schon knusprig, wenn Salbei (Salvia) sich noch wohlig in der Sonne räkelt. 

Prüf, wie die Pflanze aussieht. Eingerollte Blätter, hängende Köpfe, oder braune Flecken sind bei trockenem Wetter deutliche Hinweise.

Gieß dann wie beschrieben eher durchdringend in den kühlen Stunden des Morgens oder der Nacht. Versuch bei Sonnenschein die Blätter möglichst nicht zu treffen, um Brandschäden zu vermeiden und die Verdunstung zu verringern. Locker den Boden auf, oder mulche.

Rasen richtig wässern

Natürlich kannst du deinen Rasen wässern. Sprenkler strategisch auf der Fläche zu verteilen und eine Zeitschaltuhr auf die frühen Morgenstunden zu stellen, ist absolut möglich und sorgt für knackiges Grün selbst auf der arabischen Halbinsel. Wieviel Wasser du veranschlagen solltest, kannst du zum Beispiel hier nachlesen

Aber, mal abgesehen von meiner grundsätzlichen Meinung zu Rasenflächen in kleinen Gärten, solltest du dir überlegen, ob ein leuchtend grüner Rasen mitten im Hochsommer wirklich zwingend nötig ist. Letztes Jahr, in einem der trockensten Sommer seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, verwandelten sich die Rasenflächen in den öffentlichen Parkanlagen ab Juni in staubige Bolzplätze.

Schön kühl war es im Schatten der großen Bäume natürlich immer noch, die konnten mit ihren tiefen Wurzeln nämlich die tieferen Wasserschichten erschließen und haben über ihre Blätter Verdunstungskühle erzeugt. Zusätzlich zum dichten Schatten ihrer Kronen. Diese beiden Faktoren in Kombination sind der Grund, warum große, alte Bestandsbäume so wichtig sind für das städtische Klima.

Viele haben sich damals große Sorgen um die Parkanlagen gemacht. Aber du hast es vermutlich bemerkt: Die Rasenflächen haben überlebt. Sobald das Wetter wieder feuchter und kühler wurde, haben die Gräser neu durchgetrieben und sind die Samen aufgegangen.

Trockenphasen töten deinen Rasen nicht dauerhaft.

(Eine Ausnahme sind frisch verlegter Rollrasen oder Ansaaten, die, bis sie ordentlich durchgewurzelt sind, dauerhaft feucht gehalten werden müssen.)

Im Rahmen des Klimawandels, der uns in den nächsten Jahren und Jahrzehnten immer häufiger Sommer wie 2018 und 2019 bescheren wird, die nicht nur mit großer Hitze, sondern auch in zunehmendem Maße mit Wassermangel einhergehen werden, sollten wir uns vielleicht fragen, wie sinnvoll saftig grüne englischen Rasenflächen zukünftig sein werden. Wenn wir alle gelegentlich ein bisschen mehr in Richtung mediterraner Garten denken würden, könnte das helfen, der Wasserknappheit entgegenzuwirken.

Das war ein sehr langer Artikel, der auch noch viele verschiedene Themen anreißt. 

Hier eine Zusammenfassung:

  • Nur gießen, wenn Zeichen von Wassermangel auftreten (eingerollte Blätter, trockene Stellen)
  • Gießen möglichst, wenn Boden und Luft kühl sind
  • Direkte Sonneneinstrahlung vermeiden. Wenn es sich nicht vermeiden lässt, nicht die Blätter benetzen
  • Vor allem neu gepflanzte Bäume in den ersten Jahren wässern.
  • Den gesamten Wurzelraum wässern, nicht nur direkt am Stamm
  • Durchdringend wässern, dafür seltener
  • Vermeiden, dass Wasser oberflächlich abfließt
  • Bäume benötigen viel Wasser. Ein Eimer ist ein Tropfen auf den heißen Stein
  • Stauden, Kräuter und Gräser benötigen tendenziell häufiger Wasser, dafür weniger, auch hier durchdringend wässern
  • Bei der Auswahl auf Trockenresistenzen achten
  • Vertrockneter Rasen ist nicht dauerhaft geschädigt
  • Im Zuge des Klimawandels werden Bäume immer wichtiger

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